Wie sich Twitch um seine Monopolstellung gebracht hat – Ein Kommentar

Twitch Monopol
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Twitch mag weiterhin DIE Streamingplattform für Gamer sein, doch vor allem in den vergangenen Monaten hat das Portal massiv eingebüßt; die Monopolstellung bröckelt. Sehen sich die Verantwortlichen nicht vor, so könnte Twitch in der Gunst der Gamer und Streamer noch weiter sinken – Alternativen gibt es schließlich – mittlerweile – genug und selbst das alteingesessene YouTube buhlt ausdrücklich um die Gunst derjenigen, die Twitch den Rücken kehren oder sich gar nicht erst auf dieses Abenteuer einlassen möchten.

Dabei sind die Aufreger, die Leute zum Wechsel bewegen, nicht erst in den letzten Monaten geschehen, sondern die Ursache sitzt deutlich länger in der Vergangenheit. Ich habe die größten Aufreger und fragwürdigsten Entscheidungen von Twitch mal beleuchtet und bin gespannt, wie sich der Machtkampf um den Streaming-Thron entwickelt.

Neue Werberichtlinien auf Twitch

Aktuell sind natürlich die neuen Werberichtlinien auf Twitch in aller Munde. Zum 1. Juli 2023 treten diese in Kraft und dürften neben den großen Streamern vor allem auch den Verantwortlichen von Esport-Turnieren das Leben schwer machen.

Wie Twitch verkündete, dürfen Logos der im Stream beworbenen Firmen künftig nur noch 3 Prozent der Bildschirmgröße einnehmen, darüber dürfen keine eigens erstellen Werbungen oder Clips eingeblendet werden. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, schiebt Twitch auch Bannern, die als Werbung für ein Produkt dienen, einen Riegel vor und verbietet Audioanzeigen, etwa von Spotify und Apple Music.

Wenngleich es damit erlaubt bleibt, auf der Kanalseite Panels und Links einzublenden, Produkte im Stream zumindest zu erwähnen oder sie im Hintergrund zu platzieren oder gesponsorte Spiele zu streamen, schränkt dies viele, die Twitch als Einnahmequelle nutzen, doch in ihren Möglichkeiten erheblich ein.

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Ob dies das Ende der Übertragung großer Esport-Veranstaltungen wird? Gerade die 3-Prozent-Regel könnte zum Problem werden, denn Esport-Veranstaltungen setzen auf große Logos und Einblendungen der Sponsoren, denn über deren riesige Banner finanzieren sie sich. Verliert Twitch seine Monopolstellung?

Doch auch in der Vergangenheit setzten sich die Twitch-Verantwortlichen mit so manch einem Thema bei Publikum und Streamern in die Nesseln. Fehltritte hat sich Twitch in der jüngeren Vergangenheit so einige geleistet, drei weitere, mit denen die Plattform ihre Monopolstellung selbst unterwandert, wollen wir uns ebenfalls ansehen.

Gamblin g ist böse – aber doch wieder nicht

Im Prinzip spricht nichts gegen legales Gamblin g oder Casino-Seiten im Internet. Doch Twitch handhabte das Thema Glücksspiel auf denkbar ungünstige Weise. Nachdem die Verbreitung von Glücksspiel auf Twitch überhandnahm und vielen Usern sauer aufstieß, nahm sich die Plattform der Sache an. Der Aufschrei sollte Wirkung gezeigt haben: Gamblin g auf Twitch sollte eine Sache der Vergangenheit sein.

Twitch sah ein, dass Glücksspiel auf der Plattform nicht gern gesehen war und reagierte. Pauschal verboten wurden Casino-Streams allerdings nicht. Die Änderungen am Regelwerk bezweckten lediglich, dass das Streaming von unlizenzierten Gamblin g- und Casin o-Seiten verboten wurde. Da jedoch jedes Land seine eigenen Glücksspielregeln hat und etwa Malta die Sache recht locker sieht, bleibt von dort aus getätigtes Gamblin g auf Twitch weiterhin legal.

Der Hype Chat

Eine Funktion, die es auf YouTube bereits seit Jahren gibt, findet nun auch auf Twitch Einkehr. Der sog. Hype Chat ermöglicht es Nutzern gegen Geld, eine Nachricht im Chat hervorzuheben. Je mehr Geld er dafür bezahlt, desto länger bleibt diese Nachricht dort sichtbar. Ein Feature, was grundlegend gut ankommt, bis man davon erfahren hat, dass Twitch hierbei mächtig die Hand aufhält.

Denn Twitch nimmt hierbei – nicht wie kommuniziert – 30 Prozent der Spenden, sondern sogar 35 Prozent (durch eine versteckte Transaktionsgebühr, die bei YouTube erstattet wird, bei Twitch jedoch nicht). Nach großer Kritik der Geldgier, macht Twitch also weiter und führt Features ein, die den Streamer um ihre Einnahmen berauben.

Groß werden lohnt sich nicht mehr

Um erfolgreich zu sein, muss eine Plattform wie Twitch natürlich wachsen und dazu gehört auch, dass die Nutzer auf der Plattform eine Möglichkeit für sich entdecken, ebenfalls zu wachsen. 2022 unternahm Twitch allerdings einen Schritt, der viel kritisiert wurde und manche um eine ganze Stange Geld bringt.

Wer auf Twitch mit Abos Geld verdient, behält 50 Prozent der Einnahmen, während die anderen 50 Prozent an Twitch gehen. Daran hat sich auch in letzter Zeit nichts geändert, doch viele haben das Ziel an den Nagel gehängt, auf Twitch so richtig groß zu werden. Denn während Twitch einst besonders erfolgreichen Streamern zu Premiumbedingungen 70 Prozent der Subscription-Einnahmen auszahlte, so strich der Dienst diese lukrativen Verträge nun zusammen.

Streamer mit einem bestehenden Vertrag zu solchen Bedingungen dürfen jedoch nur noch bis zu den ersten 100.000 US-Dollar 70 Prozent der Einnahmen aus Subscriptions behalten. Jeder Cent, der über die 100.000 US-Dollar hinaus geht, wird ebenfalls 50/50 zwischen Streamer und Twitch aufgeteilt.

100.000 US-Dollar sind zwar ein nettes Sümmchen, doch wer seinen Nutzern wirklich einen Anreiz bieten möchte, zu wachsen und somit die Plattform ebenfalls wachsen und gedeihen zu lassen, sollte sie nicht dafür bestrafen, mehr Einnahmen zu erzielen.

Twitch hat zwar den 70/30 Share zurückgebracht, jedoch nur für Content Creator mit über 100.000 Dollar Einnahmen und auch nicht ausnahmslos für jeden. Nicht mal 3 Prozent der Streamer auf der Plattform sind für das Partner-Programm-Plus verfügbar.

Live-XXX auf Twitch – und kuriose Banns

Vielen ist es bereits so ergangen: Sie wurden gebannt. Mal kürzer, mal länger, mal auf ewig – das Twitch-Konto eingefroren, von der Streaming-Seite für Gamer in die Verbannung geschickt. Dass gebannt wird, wer sich daneben benimmt, ist völlig klar, doch Twitch geht hier recht willkürlich vor, wie die ein oder anderen schon feststellen mussten.

Glücklich können sich die schätzen, die groß genug sind und eine etablierte Fanbase haben, die auf Twitter Druck erzeugt. Schon mehrfach wurde beobachtet, dass ein öffentlicher Aufschrei in anderen sozialen Netzwerken dafür sorgte, dass Twitch sein Bann nochmals überdachte. Fair? Nun, das kommt auf die Situation an und sieht selbst dann vermutlich jeder anders.

Nicht fair ist es allerdings ganz gewiss nicht, wegen einer Lappalie gebannt zu werden, bei der es sich womöglich sogar nur um ein Missverständnis handelt, während Accounts von Personen, die live auf Twitch Xxx haben, nach nur wenigen Tagen wieder freigeschaltet werden. Auch dazu kam es bereits mehrfach – und, obwohl keine Geschlechtsteile zu sehen waren – war die Twitch-Gemeinde zu Recht empört. Sowohl über den Xxx auf Twitch als auch über die lächerlich kurzen Banns.

Wenn man auf eine Geburt reagiert oder laut Twitch ein „reaktionäres Weltbild“ vertritt, wird man von der Plattform benachteiligt, während aber klarer verbotener Inhalt wiederum nicht bestraft wird. Die Bannpolitik ist eine Sache, die viele große Streamer auf der Plattform negativ aufgestoßen ist, jedoch gab es zu diesem Zeitpunkt als einzige Möglichkeit YouTube, die eine ebenso fragwürdige Politik fahren. Twitch wurde also bis dato für dieses Verhalten nicht abgestraft, weil man sie nicht abstrafen konnte. Doch weitere Tritte in diverse Fettnäpfchen und eine würdige Konkurrenz zeigen nun, wie die Monopolstellung bröckeln könnte.

Reduzierung der Abo-Preise

Ein Aufreger damals war die Idee von Twitch, die Abopreise weltweit anzupassen. Die Idee war, die Abopreise vor allem für die Kaufkraft schwächeren Regionen zu vermindern, damit sich dort mehr Leute eine Subscription leisten können. In Deutschland wurde der Preis auf rund 4 Euro reduziert. Twitch versprach damals, dass durch die günstigeren Preise mehr Leute abonnieren würden und die Einnahmen der Streamer dadurch nicht beeinträchtigt sind, sondern gegenteilig, wenn überhaupt noch steigen würden. Pustekuchen: Im Wesentlichen sagen die Streamerinnen und Streamer, dass sich diese Änderung eher negativ auf ihre Einnahmen ausgewirkt hat, während schon damals Skepsis gegenüber dieser Änderungen ausgesprochen wurde.

Konkurrenz auf dem Vormarsch

Anfangs hielt man Kick für einen unter vielen Streaming-Diensten, die Twitch kopieren wollen, aber in keinster Weise an sie herankommen. Doch mittlerweile wird die Plattform, die von dem Online-Casino Stake betrieben wird – die einzige und bedrohlichste Konkurrenz gesehen. Immer wieder wird Kick deshalb vorgeworfen, mit Blutgeld finanziert zu sein und es dadurch unmoralisch ist, dort stattzufinden.

Doch möchten wir wirklich die Moralität von Twitch bzw. Amazon auspacken? Unternehmen wie ProSieben – zu den ich gleich noch komme – und Amazon haben Kooperationen mit Wettanbietern und machen ebenso Werbung für Glücksspiel. Zudem hat Amazon deutlich mehr als nur diese moralische Baustelle, auf der man herumreiten könnte.

Kick wirbt damit, dass auf ihrer Plattform mehr für den Streamer hängen bleibt, wenn ihn Leute abonnieren und dass es dort deutlich weniger Einschränkung hinsichtlich Content und Meinungsäußerungen gibt. Auch ist es erlaubt auf Kick Kasin o-Content zu liefern, weshalb schon damals die ersten Streamer zu Kick überliefen.

Nach und nach investierte Kick Millionen, um Streamer von Twitch abzuwerben und sie exklusiv für ihre Plattform zu verpflichten. Die jüngsten Verpflichtungen von XQC und Amouranth sind dabei lediglich die Kirsche auf der Sahnetorte und ich bin mir sicher, dass viele weitere ähnliche Angebote nicht abschlagen würden.

Die ProSieben-Tochter Joyn plant laut Gerüchten aktuell ebenso einen eigenen Streaming-Dienst, der vor allem für den deutschen Markt ausgelegt werden soll. Bereits jetzt scheint festzustehen, dass viele deutsche Streamer von Twitch wechseln, um zukünftig bei Joyn ihre Leute zu unterhalten.

Joyn hat schon in der Vergangenheit mit Größen wie MckyTV und Trymacs zusammengearbeitet, um große Events auf die Beine zuu stellen. Ein Kritikpunkt an Twitch lautet auch, dass Twitch nicht bereit ist große Events zu unterstützen, weshalb sich die Streamer selbst um Partner bemühen müssen, um beispielsweise den großen Boxkampf zwischen Mcky und Trymacs zu finanzieren. Joyn war hierbei einer der Partner. Ich vermute also, dass Joyn sich vor allem auf Events fokussieren wird, welche mit großen Influencern durchgeführt werden sollen.

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Mein Name ist Lukas Mehling, aber online kennt man mich wohl eher als MuSc1. Ich bin der Gründer und Betreiber von gamerliebe.de. Auf meinem Blog geht es vorrangig um das Thema Selbstständigkeit, Arbeiten und Geld verdienen in der Gaming-Branche. Dabei fokussiere ich mich vor allem auf die Gaming-Branche und Aktien von Videospiel-Unternehmen.

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