Dieses Mal habe ich mir eine ganz besondere Aktie herausgesucht und das auch nur ausnahmsweise, weil ich aktuell selbst mit dem Gedanken spiele hier zu investieren. TinyBuild (A2QP6H) ist erst seit 2021 an der Börse und es gibt zum Unternehmen kaum Daten. Eine ausreichende Bewertung fällt also schwer und demnach rein spekulativ hier zu investieren. Zwar hat man einigermaßen Daten zum Unternehmen, jedoch sind diese ausschließlich aus einem Jahresbericht von 2020 zu entnehmen. Reicht das für eine Analyse, gar einen Kauf aus? Ich kann nur ungefähr abschätzen, was man hier vor sich hat. Ich möchte hier auf keinen Fall eine Kaufempfehlung aussprechen! Ich gehe hier in meiner Analyse sehr emotional vor und verlasse mich hierbei auf die Zahlen, die ich aktuell kenne und wie mein Gefühl zum Unternehmen ist!
Oftmals werden Indie-Studios als besseres Investment angesehen, weil die Marge höher und die Kosten für Marketing deutlich geringer ausfallen als bei den üblichen AAA-Studios wie Take-Two, Activision oder CD Projekt. Ich finde jedoch, dass Marketing eben genau der ausschlaggebende Punkt ist, um erfolgreiche und profitable Spiele zu entwickeln bzw. das Unternehmen mit saftigen Gewinnen zu beflügeln. Among Us, Valheim, Fall Guys – es gibt zugegebenermaßen sehr viele Spiele, die sich auf dem Indie-Markt tummeln. Frostpunk beispielsweise wurde von 11Bit entwickelt und verkaufte sich blendend. Ein zweiter Teil ist bereits angekündigt. Trotzdem bin ich der Meinung, dass ein Unternehmen niemals solche Verkaufszahlen und Umsätze erzielen kann wie ein Player in der Größenordnung von CD Projekt. Durch höheres Marketing-Budget ist es dem Studio möglich deutlich mehr Leute zu erreichen und der Rattenschwanz der darauf folgt ermöglicht viel mehr Expansion. Zudem – und darauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch eingehen – haben Indie-Entwickler einen entscheidenden Schwachpunkt.
Warum ich meine Meinung zu Indie-Games gerade erläutere? Weil auch TinyBuild ein Entwicklerstudio ist, welches sich auf Indie-Spiele fokussiert hat. Trotzdem würde ich es nicht in einen Topf mit anderen Studios dieser Nische stecken und es auf keinen Fall mit 11Bit oder Konsorten vergleichen. TinyBuild macht etwas anders und das versuche ich in meinen Worten umfangreich darzulegen.
Die Geschichte von TinyBuild
Das Unternehmen hat eine wahre Erfolgsgeschichte. Der Gründer Alex Nichiporchik ist selbst in den 90er Jahren Warcraft III: Reign of Chaos Progamer gewesen und hat für diesen Traum sogar die Schule geschmissen. Das verdiente Geld steckte er dann schließlich in die Gründung von TinyBuilds, welches im Jahr 2020 ein Umsatz von rund 37 Millionen US-Dollar gemacht hat. Bereits seit 2002 arbeitet er als Gaming-Journalist, Game Producer für Casual- und Web-Games und war auch im Marketing für diese zuständig. Im Jahr 2011 gründete er schließlich TinyBuilds. Neben Alex Nichiporchik wurde es auch von Luke Burtis und Tom Brien gegründet. Super Meat Boy – das sehr bekannte Steam-Indie-Spiel – hat ihn damals den Anschwung gegeben, selbst in die Branche einzusteigen und ein Spiel zu entwickeln, was genauso erfolgreich werden sollte. Tom Brien – wie bereits erwähnt Mitbegründer des Studios – hat zunächst No time to Explain als Flash-Spiel auf den Markt gebracht. Schließlich gründeten sie TinyBuilds mit der Intension, No Time to Explain größer und kommerzieller aufzuziehen.
Das Spiel spielte zwar die Entwicklungskosten wieder ein, jedoch brachte es nicht den gewünschten kommerziellen Erfolg. Aufgrund von Schwierigkeiten mit dem Publisher Buka Entertainment, konnte das Spiel nicht wie geplant auf Steam veröffentlicht werden. Das Studio war also gezwungen, den Vertrieb selbst in die Hand zu nehmen. Was zunächst als große Niederlage galt, ist schließlich zum Erfolgsrezept vom Unternehmen geworden, auch wenn das Glück ein wenig mitgespielt hat. Das Greenlight-Verfahren von Steam, wo Nutzer selbst Einfluss nehmen konnten, welche Spiele zu Steam hinzugefügt werden sollen, spielte dem fast schon gescheitertem Titel in die Karen. No Time to Explain wurde eines der ersten Spiele, welches über dieses im Jahr 2013 eingeführte Verfahren in die Steambibliothek aufgenommen wurde.
Fortan entschied man sich dazu, dass man nicht mehr selbst Spiele komplett selbst entwickelt, sondern sie für andere, noch kleinere Studios veröffentlicht. Das Unternehmen investiert in das Spiel SpeedRunners, entwickelte es mit und veröffentlichte es sehr erfolgreich. Speedrunners – welches von DoubleDutch Games entwickelt wurde – brachten das Unternehmen auf Erfolgskurs, wodurch es sich auf das Veröffentlichen von Videospielen fokussiert und dabei sehr stark Drittstudios bei der Veröffentlichung von PC, Mobile und Konsolen geholfen. Seit dem Release im März 2015 hat sich SpeedRunners über 600.000 Mal verkauft.
Im Jahr 2018 erhielt das Unternehmen eine Finanzierung von 3,75 Millionen US-Dollar vom Makers Fund. Ebenso eine Höhe von 15 Millionen US-Dollar von einem ungenannten Investor ein Jahr später. Ein Jahr später – im Jahr 2020 – gründet das Unternehmen mit HakJak sein erstes Studio. Im Juli 2020 erwarb TinyBuilds das Unternehmen Dynamic Pixels und gründete schließlich das Studio EerieGuest Studios. 15 Millionen Dollar wurden in das Hello Neighbor-Franchise von Dynamic Pixels investiert. Im November 2020 investiert TinyBuilds drei Millionen Dollar in Hologryph und gliederte das Studio auf den Hello Neighbor-Ableger Secret Neighbor ein. Im Jahr 2021 ging es schließlich richtig los mit dem Einkaufen. Alleine in diesem Jahr hat das Studio drei andere Spieleschmieden gekauft, mit denen sie in der Vergangenheit kooperiert haben. We’re Five Games, Hungry Couch und Moon Moose. Im August 2021 übernahm das Unternehmen noch Animal für rund 10 Millionen Dollar.
Seit Februar 2021 ist das Unternehmen an der Börse. Zu Beginn gehörten dem Gründer Nichiporchik rund 61 Prozent am Unternehmen, während NetEase rund 14 Prozent besaß. Das Unternehmen wurde anfänglich mit einer Marktkapitalisierung von 340 Millionen Britische Pfund gehandelt.
Das Geschäftsmodell von TinyBuild
Was soll ich groß dazu sagen? Das Studio fokussiert sich auf das Publishen und teilweise auf das Entwickeln von Indie-Spielen, die es dann herausbringt. Ich denke aber, dass sie ihre Vision deutlich gezielter und mit viel mehr bedacht angehen. Um zu wachsen, verfolgt TinyBuild eine ganz besondere Strategie, die meiner Meinung nach entschieden von der Strategie anderer Indie-Studios abweicht. Dabei sind vier Punkte im Fokus dieser Wachstumsstrategie. Der erste Punkt ist eigene Spiele zu entwickeln, weitere Studios zu kaufen, Spiele mit niedrigen Kosten zu entwickeln und diese selbstverständlich so gewinnbringend wie möglich an den Mann oder die Frau zu bringen. Zusätzlich pflegen sie gute Kontakte zu Influencern, die ihre neuen Spiele dann im Stream spielen.
Die nächste Phase ist die Akquise. Dabei konzentrieren sie sich auf das Einkaufen von neuem geistigen Eigentum, also Kreativität für neue Spiele, Dienstanbieter, natürlich neue Entwicklerstudios und wie sie sagen andere ergänzende Möglichkeiten.
Die dritte Säule in dieser Strategie sieht vor, dass sie aus einer IP, mehrere Spiele machen und somit nicht nur die Marke damit pflegen, sondern auch deutlich mehr aus einem Spiel herausholen können. Eine Strategie, die bereits CD Projekt vorgemacht hat. Immer wieder haben sie neuen Content für Witcher gebracht, was immer wieder die Verkaufszahlen der anderen Titel angekurbelt hat.
Das vierte Standbein der Wachstumsstrategie ist das Cross Media Releasing. Sie wollen ihre Marken auf anderen Videospiel-Plattformen bringen, in Buchform, als Serien- und Filmformat oder beispielsweise für das Kino. Dabei möchte Tinybuild die volle Kontrolle in der Regie beibehalten. Und dieser Teil der Strategie funktioniert schon jetzt ziemlich stark. Mit einer eigenen Secret Neighbor Animations-Serie haben sie es geschafft phänomenale Klickzahlen zu erreichen.
Mit der letzten Übernahme von Animal haben sie sich darüber hinaus nicht nur ein Entwicklerstudio geschnappt, sondern ebenso ein Animationsstudio, was zum Beispiel bereits an der Netflix-Produktion Daredevil gearbeitet hat. Das heißt, dass sie diese Schiene weiter fahren und dafür liebe ich sie schon jetzt. Das Studio setzt bereits jetzt aufwendige Produktionen um, für die Indie-Studios vermutlich noch Jahre benötigen.
Ich habe mir ein sehr interessantes Interview mit dem Gründer auf YouTube angeguckt. Dort geht er genau auf jene Merkmale ein, die TinyBuild von anderen Indie-Studios unterscheiden. So sagt er zum Beispiel, dass Indie-Entwicklung tot ist, Indie-Games jedoch nicht. Wie muss man diese Aussage verstehen? Es ist im Prinzip sehr simple. Indie-Games zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass sie ein niedriges Budget haben und von kleinen Teams entwickelt werden. Das sorgt dafür, dass es eine sehr schnelle Übersättigung vom Markt gibt, einen hohen Wettbewerb und ebenso den Zwang für diese Studios, sich immer weiterzuentwickeln, innovativ zu sein und zwangsläufig eben auch mehr Geld zu verdienen als die Konkurrenz. Die es schaffen – so wie TinyBuild – kaufen dann einfach die kleineren Studios auf.
Bewertung der TinyBuild Aktie
Da die Aktie erst seit März 2021 handelbar ist, kann man hier reichlich wenig tiefgründige Analysen durchführen. Die einzige Möglichkeit, die einem geboten wird, ist der Jahresbericht aus dem Jahr 2020, welcher sehr schön aufbereitet ist. Ich selbst bin ein absoluter Idiot, wenn es um Zahlenwerk geht und investiere grundsätzlich ungern in Unternehmen, die reine Zahlenwerke in ihren Jahresbericht packen. Ich möchte, dass ein Unternehmen mir ihre Zahlen visuell, verständlich darlegt, damit ich auch verstehen kann, was das Unternehmen in einem Jahr gerissen hat. Das ist für mich sehr wichtig, um das Geschäftsmodell zu verstehen und letztlich auch zu entscheiden, ob ich investiere. Im Jahr 2020 ist das Unternehmen um 35 Prozent im Umsatz gewachsen, hat fünf neue Spiele released, drei neue Zukäufe getätigt und ein phänomenales EBITDA-Wachstum erreicht. Das Unternehmen hat ebenso einen hohen Cash-Bestand, wie auch eine großartige Netto-Marge von 20 Prozent.
Ebenso wichtig für meine Bewertung ist das Management. Ich selbst empfinde den Gründer als sehr starke Persönlichkeit. Über ihn habe ich ja bereits in der Geschichte von TinyBuild geschrieben. Er selbst ist mit 38 Prozent noch immer am Unternehmen beteiligt. Außerdem sind bereits große Namen wie NetEase oder der ebenso erwähnte Makers Fund stark investiert. Alleine anhand dieser Faktoren ist das Unternehmen für mich eigentlich ein Kaufkandidat.
Ich denke wir sind uns einig, dass Dividendenjäger oder Fans wie ich, die auf Aktienrückkäufe wert legen, hier auf keinen Fall auf ihre Kosten kommen. Das Unternehmen befindet sich in einer massiven Wachstumsphase, weshalb an diese Faktoren noch nicht zu denken ist.
Risiko der Tinybuild Aktie
Ich muss zugeben, dass je mehr ich mich mit der Aktie von TinyBuild befasse immer überzeugter davon bin. Trotzdem ist absolut keine Aktie frei von einem gewissen Risiko. Aber auch darauf geht das Unternehmen in ihrem Investorenbericht ein. Das Unternehmen sagt, dass es von relativ wenigen Titeln abhängig ist. Denn die fünf beliebtesten Titel machen 70 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Hinzu kommt, dass der Videospielmarkt an sich eventuell nicht mehr das Wachstum einfährt, wie er es bisher getan hat. Auch verändert der Trend sich. Das Studio verjüngt seine Marken zwar in dem es beliebte Titel für die anderen Plattformen portiert, trotzdem ist es durchaus denkbar, dass Technologien dafür sorgen können, dass das Studio massiv investieren muss und den Sprung zu diesem neuen Trend nicht meistert. Ein weiteres Risiko der Aktie ist, dass TinyBuild bereits in der frühen Entwicklung mit Partnern zusammenarbeitet. Sobald ein Hauch einer Idee vorliegt, wird darauf aufgebaut. Das Spiel wird verfeinert, es wird massiv an Zeit und Geld investiert und hierbei besteht eben das Risiko, dass das Spiel einfach aufgegeben wird. Vorschüsse werden in dem Fall an die Entwickler zurückgezahlt, wodurch das Unternehmen keinen Gewinn aus seiner Investition erzielen kann. Das Unternehmen stellt aber in der Regel Finanzmittel zu bestimmten Meilensteinen bereit, die mit den wichtigsten Entwicklungsphasen über einen begrenzten Zeithorizont zusammenfallen.
Fazit zur Tinybuild Aktie
Ich bin in dieser Hinsicht zwar etwas sehr emotional, trotzdem muss ich einfach sagen, dass dieses Unternehmen einfach nur genial ist. Der Gründer, die Story, die Strategie und die wirklich sehr geschickten Zukäufe und eine Netto-Marge von 20 Prozent ist brutal. Das Unternehmen ist bereits 600 Millionen Dollar schwer und demnach für ein Indie-Studio sehr hoch. Da es gerade erst an die Börse gegangen ist, kann es sein, dass bald eine sehr saftige Korrektur kommt und den Kurs erstmal massiv in den freien Fall versetzt. Spätestens dann werde ich kaufen.
Wachstum ist auf jeden Fall gegeben, weil das Studio längst nicht alle Spiele auf alle Plattform portiert hat. Ebenso folgen weitere Produktionen in Richtung YouTube und sicherlich auch bald exklusiv für Netflix. Das Studio versteht sehr viel von Charakterdesign und ist in meinen Augen locker dazu in der Lage, eine Art Nickelodeon-Serie für die Kinderzimmer zu produzieren. Ich lehne mich sogar so weit aus dem Fenster und behaupte, dass es das nächste Disney sein kann.
Ich bin der Meinung, dass man mit diesem Studio eine Rendite hinlegen kann, die so schnell keiner toppt. Eine Verdoppelung der Aktie ist meiner Meinung nach auf jeden Fall möglich. Und wartet man weitere Jahre, kann sie sich sogar verdreifachen oder vierfachen. Sobald ich in das Unternehmen investiere, werde ich es auf gamerliebe bekannt geben!
UPDATE : Am 01.10.2021 habe ich selbst 500 Euro in das Unternehmen investiert. Mein Einstiegskurs sind 2,94 Euro.
6 Kommentare
Pingback: TinyBuild kauft Bad Pixel für rund 17 Millionen Dollar
Pingback: Ich habe mir für 500 Euro Aktien von Tinybuild gekauft
Pingback: TinyBuild übernimmt Red Cerberus und Versus Evil für 31 Millionen Dollar
Pingback: TinyBuild erwirbt bekannte Bossa Studios IPs und Konfa Games
Pingback: Tinybuild H1 2022 Zahlen: Leicht über den Erwartungen
Pingback: Nach tinyBuild crasht nun auch Team17: Platzt die Indie Games-Blase?