Immer mehr Twitch-Streamer verkaufen aktuell ihre Seele an Online-Casinos

Twitch Casino Streams
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Aktuell entwickelt sich die Twitch-Plattform für mich zu einem wirklich sehr zwielichtigen Ort. Während vor einigen Monaten noch Hot Tube-Streams die unterste Messlatte an Content darstellten, macht sich derzeit leider ein anderer Trend auf Twitch breit, der nicht nur schäbig, sondern zugleich massiv existenzvernichtend ist. Ich habe grundsätzlich in meinem kleinen Statement, warum ich selbst für mich festgelegt habe, niemals Werbung für Glücksspiel zu machen erläutert, dass ich nicht mit den Casinos ein Problem habe, sondern eher mit jenen Menschen, die es konsumieren. Jeder ist am Ende des Tages selbst für seine Taten und sein Handeln verantwortlich, aber die Streamer nehmen es billigend in Kauf und wissen sogar selbst, dass Menschen dadurch süchtig werden. Natürlich warnen sie die User dafür, mit dem Glücksspiel anzufangen, gleichzeitig wissen sie aber auch, dass es genug machen – wie sonst können sie sonst Kapital daraus schlagen.

Doch man muss auch bedenken, dass vor allem durch den Faktor, dass es durch große Twitch-Streamer, eben auch an die ganz jungen Zuschauer herangetragen wird. Vermutlich auch sehr viele, die kurz vor ihrem 18. Lebensjahr stehen und demnach direkt mit der Türe im Casino stehen. Was mich zusätzlich erschreckt ist: Dass wenn bei Orangemorange beispielsweise ein Casino-Stream läuft, noch immer über 8000 Menschen am Start sind und sich diesen Content geben.

Es ist gut möglich, dass diese 8000 Menschen den Content gut finden, niemals selbst online im Casino spielen und auch volljährig sind, dennoch wird ein solcher Deal dadurch noch bestärkt und erfährt Unterstützung. Angenommen ihr wart mal alkoholabhängig, würdet ihr dann dazu tendieren, regelmäßig – wenn auch nur in Maßen – Alkohol zu konsumieren? Ich verstehe nicht, wie Menschen, die nach ihrer eigenen Aussage einmal selbst spielsüchtig waren, nun für dieses Teufelszeug Werbung machen können. Ist der Content-Ersteller möglicherweise noch immer spielsüchtig und findet in dieser Form einen Weg, seine Sucht zu befriedigen?

Es ist wenig bekannt, wie diese Deals ablaufen. In der jüngsten Podcast-Ausgabe “Chatgeflüster” von Montanablack und Unge wird das Thema etwas aufgegriffen. Es ist üblich, dass man vom Casino-Betreiber ein bestimmtes Budget pro Monat bekommt und dieses dann selbst verwalten kann. Je weniger man verzockt, desto mehr kann man also als Partner behalten.

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In einer Y-Reportage zum Thema Glücksspiel auf Twitch wurde unter anderem bekannt, dass Streamer vor allem am Verlust anderer gewinnen. Teilweise bekommen sie über 50 Prozent der eingezahlten Summe, der User. Twitch duldet das Glücksspiel, selbst wenn es sich offensichtlich um illegales Bewerben von sog. „Social-Casinos“ geht, die überwiegend in Malta sitzen. Damit ein Online-Casino die Erlaubnis bekommt und legal wird, braucht es eine behördliche Zustimmung, die es nur erhält, wenn es seinen Sitz in Deutschland hat. Da der Staat aber unfähig ist und sich nicht dazu berufen fühlt, etwas gegen Kasinos oder Streamer zu unternehmen, die das illegale Glücksspiel bewerben, boomt der Slot-Markt auf Twitch leider weiter. Die gleiche alte Leier: Twitch kann tun und machen, was sie wollen, solange sie ein Monopol besitzen.

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Noch schlimmer finde ich, dass ein Streamer in einer so großen Position überhaupt dazu gezwungen ist, einen solchen Deal anzunehmen. Orangemorange sagt selbst aus, dass er es wegen des Geldes gemacht hat und dieser Anbieter ihn sehr gut bezahlt. Grundlegend finde ich diese Aussage nicht schlimm und sogar ehrlich und aufrichtig. Wenn man jedoch so ein Statement raushaut, sollte man auch dazu stehen. Ich kann mich nicht vor ein Millionenpublikum stellen und ein solches Versprechen abgeben.

@memez.twitch Das spricht gegen seine Prinzipien 😂 #casino #fypシ #twitchgermany #foryou #fy #memes #fürdich #orangemorangeclips #orangemorange ♬ Originalton – memez.twitch

Seine Antwort darauf, wenn er keine Leute blockiert ist, dass der Clip unvollständig ist. Seine Antwort ist, dass er für das richtige Geld, einen Deal annehmen würde. Das Argument ist in meinen Augen mehr als schwach. Zum einen frage ich mich, warum macht er ein solches Statement und sagt durchaus respektable Sachen wie „das ist gegen meine Prinzipien“ und „ich weiß, dass einige Leute dadurch süchtig werden können“ etc. wenn er dann aber im gleichen Atemzug sagt, dass er für das richtige Geld, diese Aussagen offensichtlich für nichtig erklärt. Es ist hierbei egal, ob er für einen Euro im Monat Casino streamt oder für mehrere Millionen – der Grund und die Folgen, warum er eigentlich keine Slots streamt, bleiben dadurch doch weiterhin existent.

Wie ich sagte, finde ich es nicht mal unbedingt verwerflich, seine Seele, seine Marke und seine Zuschauer für eine solche Summer zu verkaufen. Jedoch sollte man vergleichen, was eine Krankenschwester, ein Bauarbeiter oder ein Umzugshelfer Tag für Tag durchmachen. Diese Menschen, die einen so wertvollen, gesellschaftlichen Dienst verrichten, einen miesen Job durchmachen, sich selbst damit teilweise körperlich und physisch zerstören und oftmals einen mickrigen Lohn dafür bekommen. Diesen Menschen nehme ich es nicht übel, wenn sie für eine Million einen unmoralischen Deal annehmen, Steuern hinterziehen oder vom Staat leben würden. Und trotzdem zahlen diese Menschen aufrichtig ihre Steuern, vollziehen ihre Arbeit und machen nicht krank, obwohl sie es könnten – weil sie ein Bewusstsein dafür haben, dass sie gebraucht werden.

Ich möchte nicht die Moralkarte ziehen und ich bin der Meinung, dass jeder seines Glückes Schmied ist und jeder für das verantwortlich ist, wo er gerade im Leben steht (außer es handelt sich um nicht selbstverschuldete Ereignisse).

Wie kann ein Streamer mit über 3000 Subscriber, der alleine durch Subs über 6000 Euro im Monat verdient, feste Partner hat und zusätzlich durch Donations, sicherlich mehr als 10.000 Euro im Monat verdient. Im Jahr sind das also über 100.000 Euro, wovon die Hälfte an Steuern anfällt. Er hat 50.000 im Jahr, hat einen Beruf, wo er sich körperlich nicht kaputt macht und kann mit dem Geld verdienen, was er liebt. Ich möchte ihm nicht wegnehmen, dass er für das wo er aktuell steht, viele Risiken eingegangen ist, viel Disziplin an den Tag gelegt hat und sicherlich auch dunkle Täler durchqueren musste, um sich seinen aktuellen Status aufzubauen. Dennoch frage ich mich – und das ist das traurige – wieso man es nötig hat, einen Casino-Deal in einer solchen musterhaften Situation einzugehen? Läuft es finanziell nicht gut bei ihm? Oder will er einfach noch mehr Geld verdienen?

Mit einem Einkommen von 50.000 pro Jahr hat er es in meinen Augen nicht nötig, seine Zuschauer derart zu verraten. Ich möchte aber auch nicht mit meinem Finger ausschließlich auf Orangemorange zeigen, sondern auch Montanablack, Knossi oder kürzlich auch Scurrows haben das Schema von Casino-Streams angewendet. Auch XQC – mein Lieblingsstreamer auf der Plattform – macht diese Scheiße mit und die Auswirkungen bei ihm sind noch deutlich schwerwiegender. So ist der Streamer beispielsweise extra nach Kanada gezogen, wo es gesetzlich legal ist, diese Sache öffentlich zu streamen und zu bewerben – anders als in den USA, wo das nicht erlaubt ist. In welchen tiefen Abgründen er sich da bewegt, macht ein Reddit über das Thema deutlich.

 

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Mein Name ist Lukas Mehling, aber online kennt man mich wohl eher als MuSc1. Ich bin der Gründer und Betreiber von gamerliebe.de. Auf meinem Blog geht es vorrangig um das Thema Selbstständigkeit, Arbeiten und Geld verdienen in der Gaming-Branche. Dabei fokussiere ich mich vor allem auf die Gaming-Branche und Aktien von Videospiel-Unternehmen.

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