Im Jahr 2006 veröffentlichten die South Park-Macher Trey Parker und Matt Stone eine Episode, die nicht nur unter South Park-Fans Kultstatus erreichte, sondern auch in der Gaming-Welt einen bleibenden Eindruck hinterließ: „Make Love, Not Warcraft“ (dt. „Make Love, Not Warcraft“).
Was damals vielleicht als lustiger Gag gedacht war, ist heute weit mehr: Diese Folge ist mehr als nur eine Parodie auf Online-Rollenspiele – sie ist zu einem popkulturellen Meisterwerk geworden, das zeigt, wie tief Games in der Gesellschaft verwurzelt sind.
Noch spannender ist jedoch der Blick hinter die Kulissen: Die Episode entstand mit direkter Unterstützung von Blizzard Entertainment – den Machern von World of Warcraft – und basiert teilweise auf einer wahren Begebenheit.
Die Handlung
In „Make Love, Not Warcraft“ verwandeln sich Stan, Kyle, Cartman und Kenny in echte Hardcore-Gamer. Sie verlieren sich komplett in World of Warcraft, essen nur noch Fast Food und verbringen ihre Tage mit Leveln und Looten.
Doch der Spaß ist schnell vorbei, als ein Spieler auftaucht, der so mächtig ist, dass er jeden anderen einfach aus dem Spiel fegt. Sogar die Entwickler stehen machtlos da. Denn er killt Spieler, auch wenn sie einem Duell nicht zustimmen.
Auch wenn sie sich zusammen mit einloggen und große Teile ihrer weiteren Freundesgruppe zusammentrommeln, sind sie machtlos.
Und auch wenn die Motivation der vier Freunde zunächst im Keller ist und sie sich wieder Aktivitäten im Reallife widmen, kommt plötzlich Cartman daher und motiviert seine Freunde, wieder mit World of Warcraft anzufangen.
Seine Idee: im Anfangsbereich bei den schwächsten Monstern leveln, um unfauffälig vom allmächtigen Spieler zu bleibem um sich aufzuleveln, also exakt 65.340.285 Wildschweine.
Was auf den ersten Blick übertrieben wirkt, spiegelt ziemlich gut wider, wie ernst viele Gamer ihre Online-Abenteuer nehmen. Wer einmal stundenlang gegrindet hat, weiß, wovon hier die Rede ist.
Dass die Folge so treffsicher wirkt, liegt auch daran, dass Trey Parker damals selbst komplett im WoW Grind war. Laut Matt Stone zockte er so viel, dass es fast die Produktion der Serie durcheinandergebracht hätte. Im Spaß meinte er sogar, sie hätten die Folge gemacht, damit Trey wieder ins Büro kommt.
Diese Leidenschaft merkt man der Episode an. Der Humor, der Spielerslang, die Ingame-Welt – das fühlt sich alles echt an. Kein Wunder, denn hier hat jemand mitgeschrieben, der genau wusste, wovon er spricht.
Blizzard half bei Produktion mit
Was viele gar nicht wissen: Blizzard war direkt an der Folge beteiligt. Die Ingame-Szenen wurden nicht einfach animiert, sondern mit einer speziellen Version der echten WoW-Engine erstellt.
Das ging nur, weil Blizzard eng mit dem South-Park-Team zusammenarbeitete. Sie lieferten 3D-Modelle, Animationen und Assets, die dann im typischen South-Park-Stil eingebaut wurden.
Richtig interessant wird es aber bei der Inspiration für den unbesiegbaren Spieler. Die Figur basiert nämlich auf einem echten Vorfall: Ein Hacker hatte sich Zugang zu einem WoW-Server verschafft, sich Adminrechte geschnappt und das Spiel komplett auf den Kopf gestellt.
Er konnte Spieler einfach töten, ohne dass jemand etwas dagegen tun konnte. Blizzard blieb am Ende nichts anderes übrig, als ihn mit einem speziellen Admin-Befehl aus dem Spiel zu werfen.
Genau diese Geschichte soll die Vorlage für den übermächtigen Gegner in der Folge gewesen sein. Einer, der sogar mächtiger ist als die Entwickler selbst.
Warum die Folge bis heute aktuell ist
„Make Love, Not Warcraft“ ist nicht einfach nur ein Gag-Feuerwerk über dickbäuchige Gamer mit Pickeln. Es ist eine kritische, aber auch liebevolle Hommage an die Gaming-Kultur.
Die Folge zeigt, wie tief Spieler in virtuelle Welten abtauchen können – und wie ernst sie dort ihre Aufgaben nehmen.
Auch das Thema der Machtverhältnisse in Online-Spielen wird subtil behandelt: Was passiert, wenn ein Spieler die Regeln bricht – und selbst die Entwickler keine Kontrolle mehr haben?
Genau diese Frage wird in der Folge ins Absurde getrieben, aber sie verweist auf echte Herausforderungen, mit denen Game Studios bis heute konfrontiert sind – etwa beim Umgang mit Exploits, Bots oder Hacks.
Wenn Popkultur und Gaming kollidieren
„Make Love, Not Warcraft“ ist mehr als eine gute South-Park-Folge. Sie ist ein Meilenstein in der Geschichte der Videospiel-Welt. Dank der engen Zusammenarbeit mit Blizzard wirkt sie authentisch, kenntnisreich und witzigerweise realistischer, als man auf den ersten Blick denkt.
Für Gamer ist diese Episode Pflichtprogramm. Und für Entwickler ein kleiner Hinweis darauf, dass manchmal selbst sie machtlos gegen ihre eigenen Schöpfungen sein können ob im echten Leben oder bei South Park.
Im Jahr 2007 wurde „Make Love, Not Warcraft“ mit einem Emmy Award ausgezeichnet – in der Kategorie „Outstanding Animated Program (For Programming Less Than One Hour)“.
Die Folge überzeugte nicht nur Fans, sondern auch Kritiker mit ihrer kreativen Umsetzung, ihrem satirischen Tiefgang und der ungewöhnlich authentischen Darstellung der Gaming-Welt. Der Emmy-Gewinn unterstreicht den kulturellen Stellenwert der Episode weit über die Comedy hinaus.