In diesem Artikel möchte ich auf den meiner Meinung nach sehr maroden Status der Pokémon-Spiele – bezogen auf die Hauptreihe – eingehen und welche Dinge ich mir persönlich wünschen würde, um das Spiel zu alter Stärke zu verhelfen. Dabei muss man berücksichtigen, dass man hier immer noch über Nintendo redet, die vermutlich eher diesen Artikel per Gerichtsbeschluss herunternehmen lassen, statt mögliche Besserungen umzusetzen würde.
Auch wird man immer damit argumentieren können, dass die Zahlen für Nintendo sprechen. Wenn man also die Verkaufszahlen der letzten beiden Editionen nimmt, kommt man auf ein Ergebnis von 22 Millionen. Das ist bis dato das erfolgreichste Release in der Videospiel-Reihe und ich denke, dass es auch von der Marge stärker war als andere Titel – in Anbetracht was alles an Open World und Performance weg gespart wurde.
Nintendo bzw. Game Freak ist also als Publisher und Entwicklerstudio in der Situation weniger gute Spiele zu entwickeln, zudem aber erfolgreicher als die Vorgänger zu sein. Gebt den Fanboys die Schuld, dem anscheinend guten Marketing oder dem Kapitalismus – Fakt ist, dass Nintendo zahlentechnisch auf der Erfolgsspur ist und demnach alle Methoden, die sie anwenden bzw. nicht anwenden für sie sprechen.
Trotzdem möchte ich in dem Artikel ein wenig herum philosophieren und das Pokémon-Spiel schildern, wie ich es mir wünschen würde. Ich denke, dass das Spiel dadurch deutlich mehr Spieler erreichen würde, da man ein Spiel, was sich gut verkauft, einfach mit zusätzlichen Features ausstattet. Man darf ja noch träumen dürfen.
Eine offene Welt
Die Standard-Aussage schlechthin, aber was soll ich sagen: Absolut jeder Pokémon-Spieler wünscht sich eine offene Welt, wenn sie denn auch gut umgesetzt wird. Dabei denke ich nicht an eine Open World der Superlative, sondern lediglich eine etwas größere als jene, die uns Nintendo sonst präsentiert. Vor allem wünsche ich mir aber eine offene Welt, die mithilfe von VMs zu erkunden ist. Surfer, Stärke, Zerschneider, Zertrümmerer – die klassischen VMs haben uns seither in den Pokémon-Spielen Wege geöffnet, die wir betreten konnten, um neue Pokémon zu fangen, Herausforderungen zu meistern oder Abenteuer zu erleben.
Kraxler – eine VM der vierten Generation – war in meinen Augen eine der letzten großen Innovationen im gesamten Videospielfranchise von Pokémon. Durch diese VM konnte man Berge heraufklettern und so wäre es möglich, die Spielwelt – ähnlich wie bei Tears of the Kingdom – nach oben zu erweitern. Surfer, um auf dem Wasser zu erkunden, Taucher, um unter Wasser Höhlen und verlassene U-Boot zu finden oder Kaskade, um Wasserfälle herauf zu schwimmen.
Alles wunderbare Vorlagen, um eine offene Welt in Pokémon-Manier zu gestalten. Wichtig dabei ist aber, dass man nicht länger einen VM-Sklaven benötigt, sondern wie in Sonne und Mond ein PokeMobil benutzen kann. Ein der besten Änderung der Pokémon-Reihe der letzten Jahre. Deshalb auch noch mal hier in aller Deutlichkeit:
Nicht alles an den neueren Pokémon-Spielen ist schlecht! Mir fehlt es aber an Komplettierung, dass man alte gute Dinge nimmt und sie nach und nach zu einem immer größeren und besseren Spiel ausbaut. Viele Generationen fühlen sich an wie Experimente, die Änderungen hervorbringen, dann aber in der nächsten Generation wieder komplett anders gehandhabt werden.
Verschiedene Schwierigkeitsstufen
So gut wie jedes Spiel bietet die Möglichkeit, dass man verschiedene Schwierigkeitsstufen einstellen kann, um somit das Spielniveau an das eigene Bedürfnis anzupassen. Warum bietet ausgerechnet Pokémon das nicht? Seit Jahren wird das Spiel immer leichter, man überlevelt im normalen Durchspielen und man ist sogar so weit gegangen, dass der Rivale jenes Starter wählt, welches schwächer gegen einen selbst ist.
Mit diesem Schritt hat Game Freak eine Bankrotterklärung unterschrieben und gibt förmlich zu, dass sie das Spiel lächerlich leicht haben wollen und man als Spieler leider dazu gezwungen ist, es auf die Art und Weise zu spielen.
Ich kann mich daran erinnern, dass bei der Blattgrünen und Feuerroten-Edition die Top 4 beim zweiten Durchlauf einen enormen Powerboost bekommen hat, sodass der Rivale als Champ Pokémon über Level 70 eingesetzt hat. Auch in Smaragd sind die Trainer und Arenaleiter stärker geworden, wenn man sie wieder und wieder herausgefordert hat. In der zweiten Generation gibt es den legendären Trainer Rot auf dem Silberberg. Ebenso eine Post Game-Herausforderung.
Das Verstellen der Schwierigkeit könnte sich darin auswirken, dass die Pokémon der Gegner höher sind, sie höhere Statuswerte haben oder dass man selbst weniger Erfahrungspunkte bekommt. Diese Schwierigkeitsstufen würden auch dafür sorgen, dass Content auf YouTube und Twitch deutlich unterhaltsamer werden würden, zum Beispiel mit selbst auferlegten Challenges. In Kombination mit einer offenen Welt, sollte man sich als Game Freak überlegen ein Level Scaling einzubauen.
Wenn man das „hintere Gebiet“ zuerst absolvieren möchte, dieses eben an deine Stärke angepasst ist, während die ersten Routen im späteren Spielverlauf eben enorm schwierig sind oder eben umgekehrt. Denn was Purpur und Karmesin abgeliefert haben, war ein schlechter Scherz. Ja, man hat die Möglichkeit völlig frei zu entscheiden in welchem Gebiet man anfängt, doch was bringt es bitte, wenn man in den – normalerweise – späteren Gebieten am Anfang überlevelt und die Gebiete – die eigentlich am Anfang kommen sollen – zum Ende hin ohne Probleme löst. Nicht einmal die Pokémon der Gegner entwickeln sich weiter, wenn man sie später als gedacht macht.
Modus für Challanges / Nuzlocks
Die Emulator-Szene von Pokémon ist nicht klein und ich kann nicht verstehen, warum Nintendo bzw. die Pokémon-Entwickler diese Szene nicht unter ihr eigenes Dach bringt. Vor allem, weil sie noch immer im Irrglauben leben, ein AAA-Spiel in immer kürzeren Abständen mit immer noch extrem wenig Mitarbeitern qualitativ aufrechterhalten zu können.
Ein Marktplatz für Emulatoren, wo Spieler völlig legal ihre eigene ROMs anbieten können und dann Nintendo ein kleinen Fee dafür einnimmt. Ich denke, dass sich darüber niemand beschweren würde, wenn vor allem ROM-Macher noch für ihre Arbeit entlohnt werden würden. Es würde für Nintendo also eine zusätzliche Einnahmequelle sein und selbst wenn ein Spiel besser ankommt als ihre Original-Titel, hat Nintendo noch immer jegliche Freiheit, die guten Features einfach in ihr eigenes Spiel zu implementieren und niemand würde sich beschweren.
Nintendo würde sich extreme Marketing-Kosten sparen, wenn sie Hobby-Entwicklern die Arbeit machen lassen würde, statt mit ewigen Rechtsstreits und Anwälten tolle Pokémon-Fan-Projekte zu zerschlagen. Floppt ein Projekt eines ROM-Machers, ist es für Nintendo nicht schlimm. Geht ein Projekt durch die Decke, weiß Nintendo, was die Spieler wollen und können mit diesem Feature in einem neuen Pokémon-Spiel glänzen. Mojang mit Minecraft oder CD Projekt mit Witcher und Cyberpunk und viele weitere sind ein guter Beweis, dass genau diese Politik funktioniert. Wie schön wäre es, wenn man ganz einfach eine Nuzlock oder einen Speedrun erstellen könnte mit eigenen Regeln und Einstellungen?
Online-Funktion
Hierbei tendiere ich zu zwei Modellen, die man als Spieler wählen sollte. Auf der einen Seite wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, wenn man einen Modus à la Pokémon Showdown einbaut, in welcher man Teams ohne Zeiteinsatz ausprobieren kann und sich gegen andere Spieler mit ihrem Aufgebot messen kann. Ich würde hier jedoch eine gesonderte Ladder bevorzugen. Denn ich finde, dass bei Pokémon – wie in jedem anderen RPG – der Zeiteinsatz einfach dazu gehören sollte.
Deshalb bin ich der Meinung, dass es zusätzlich einen Modus geben sollte, in welcher man sein Teambuilding im normalen Play Through erarbeiten muss. Jedes Ei muss man selbst ausbrüten, jede EV-Verteilung selbst managen und auch Zucht und Trades müssen über mehrmaliges Durchspielen erarbeitet werden. Auch wenn ich denke, dass sich competetive der Show Down-Modus durchsetzen würde, würde ich es doch nett finden, wenn man eben auch weiterhin den normalen Pokémon Grind honoriert und dort ebenso ein Ranking hätte.
Natürlich sollte auch hier einstellbar sein, ob man im Doppelkampf spielen möchte, ob man nur Pokémon aus einer bestimmten Generation oder bis dahin allen veröffentlichten spielen möchte. Auch Regeln sollte man festlegen können. Zum Beispiel keine OHK-Attacken, keine Fluchtwert-Buffs etc. Alles wie in Pokémon Showdown eben.
In Kombination mit dem zuvor aufgeführten Nuzlock-Punkt, würde man durch diese Varianten dem Spiel die Möglichkeit geben wunderbar als Singleplayer-Spiel zu funktionieren, gleichzeitig aber auch eine Comptetive-Szene zu beherbergen. Und auch der nächste Punkt würde den Mehrwert für Spieler steigern, die Fans vom klassischen Pokémon-Durchspielen sind.
Story und Rivalen Interaktivität
Auch dieser Punkt ist in meinen Augen essenziell wichtig, wenn man mich und sicherlich viele anderen Pokémon-Fans der alten Generationen abholen möchte. Das Taschenmonster-Abenteuer ist ein RPG, doch was genau ist von diesem Genre bei Pokémon noch zu erkennen? In meinen Augen nicht viel.
Die Story in jedem Pokémon-Spiel ist zwar irgendwie anders, aber doch so gleich. Jedes Mal gibt es deinen oder mehrere Rivalen, ein oder mehrere böse Teams und immer geht es darum, das legendäre Pokémon für seine Zwecke zu nutzen. Eine weitere Rocket Story ist im Grunde zwar nicht wirklich innovativ, aber für mich mehr als ausreichend, wenn man sie denn ordentlich und interaktiv einsetzt.
Und auch wenn mir der Clash zwischen Team Aqua und Team Magma in der dritten Generation gefallen hat und ich diese Art und Weise von Story als sehr innovativ empfand, braucht es in meinen Augen nicht eine komplette Überarbeitung dieser Team-Schemata, die sich von Generation zu Generation quasi wiederholen. Wofür ich mich deutlich mehr einsetzen würde wäre, dass man die Rivalen Grund auf neu konzeptioniert. Ein Main-Rivale, welcher den stärkeren Starter am Anfang wählt und einen, welcher den schwächeren Stater wählt.
Vielleicht noch einen zusätzlichen, welcher überhaupt kein Starter wählt und auf den ersten Routen sein Signatur-Pokémon fängt. Bis hier her keine neue Idee, aber was wäre, wenn man den Verlauf der Rivalen und möglicherweise ihr Teambuildung beeinflussen könnte, je nachdem wie der Kampf gegen ihn ausgeht oder welche Antworten man ihm nach jedem Kampf gibt? Verliert man beispielsweise den ersten Kampf gegen ihn, wird er später der Champion der Top-Vier. Gewinnt man den ersten Kampf, wird er möglicherweise nur der 8. Arenaleiter.
Gibt der Spieler einem der Rivalen eine von vier möglichen Antworten auf seine Frage – die er beispielsweise nach einer Niederlage gegen dich fragt – könnte er das Kämpfen an den Nagel hängen und dem Spieler in Zukunft bei Pokémon-Wettbewerben Paroli bieten. Oder er wird der bösen Seite beitreten und sich vom Rüpel bis zum Vorstand der bösen Organisation hocharbeiten. Vielleicht wird er auch in der Kampfzone einer von vielen Kampfkoryphäen.
Die Rivalen könnten sich auch gegenseitig bekämpfen und auch hier wieder ihren persönlichen Werdegang beeinflussen. Oder sie schließen sich zusammen, um den Spieler möglichst am Erfolg zu hindern, den sie selbst nicht erreichen können. Beinahe unendlich Möglichkeiten, die Jahr für Jahr von Game Freak einfach liegen gelassen werden. Stattdessen befinden wir uns an einem Punkt, an welchem der Rivale das schwächere Starter-Pokémon nimmt, damit er ja keine Gefahr mehr für den Spieler darstellen kann.