Sowohl TinyBuild als auch Team17 gelten als große Hoffnung im Indie-Markt und so konnten sich beide börsennotierte Unternehmen über lange Zeit dieses Image aufrechterhalten, indem sie gute Spiele und entsprechend gute Finanzergebnisse vorlegen konnten. Doch dieses Image scheint nun zu bröckeln. Denn vor allem TinyBuild hat im letzten Finanzbericht den Super-GAU verkündet und bekannt gegeben, dass sie massive Verluste verzeichnen und somit nicht länger profitabel sind. Auch Team17 hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, zumindest macht das Unternehmen aktuell Schlagzeilen damit einen großen Stamm ihrer Mitarbeiter zu entlassen. Ich möchte einen kleinen Blick auf tinyBuild und Team17 werfen und mir diese beiden Meldungen mal zum Anlass nehmen, ein paar Worte zu beiden Unternehmen zu verlieren.
TinyBuild
Obwohl ich mit tinyBuild 1500 Euro verloren habe, möchte ich weiterhin über das Unternehmen berichten, da immer wieder wichtig ist auch mit den eigenen Verlusten transparent umzugehen. Zudem investiere ich grundsätzlich nicht in Aktienkurse, sondern in Unternehmen. Teilweise fallen Unternehmen in meinem Depot nach dem Kauf um 20 Prozent, dennoch halte ich auch weiterhin daran fest – wenn ich mir sicher bin, dass sich am Geschäftsmodell und am Unternehmen nichts verändert hat. Wenn ich von einem Unternehmen überzeugt bin, kaufe ich.
So auch bei tinyBuild – so dachte ich. Das Unternehmen hat sich leider nicht so entwickelt, wie ich es mir erhofft habe und zum aktuellen Zeitpunkt rate ich auch ab, in dieses Unternehmen zu investieren. Solange das Unternehmen aber nicht pleite ist und lediglich im Kurs fällt, ist es handelbar und immer wieder auch ein Blick wert. An der Börse ist alles möglich und wenn tinyBuild morgen sein Geschäftsmodell verändert und damit plötzlich unglaublich profitabel werden würde, wäre genau jetzt vermutlich ein guter Einstiegspunkt. Aktuell sieht es aber alles andere als rosig für das Unternehmen aus.
TinyBuild hat Ende September die Ergebnisse für das erste Halbjahr 2023 bekannt gegeben und für einen Schock gesorgt – entsprechend fiel die Aktie um fast 40 Prozent. Auch wenn die Aktie vom Londoner börsennotierten Unternehmen von 7,90 GBX am 26. September auf mittlerweile 9,80 GBX am 03. Oktober angestiegen ist und damit innerhalb von wenigen Tagen eine Performance von 24 Prozent darstellt, sieht der langfristige Chart von tinyBuild alles andere als schön aus. In einem Jahr hat die Aktie rund 92 Prozent verloren.
Die letzte Meldung gibt auch jegliches Recht für diese Performance. Während im ersten Halbjahr 2022 noch ein Gewinn von 6,8 Millionen USD verzeichnet wurde, driftet das Unternehmen nun im ersten Halbjahr 2023 in einen Verlust von 31,7 Millionen USD ab. Auch der Umsatz fällt von 28,8 Millionen auf 23,3 Millionen USD. Ein Grund für diese schlechten Zahlen sind vor allem sog. Goodwill-Abschreibungen.
In dem Moment wo ein Unternehmen wie tinyBuild neue Entwicklerstudios kauft, tragen diese natürlich zum Unternehmenswert bei, da sie sich in Zukunft positiv auf den Gewinn und die Marktanteile vom Unternehmen auswirken. Diese werden also im Wert von Unternehmen eingepreist, obwohl man diesen Wert schlecht einschätzen kann. Im Fall von tinyBuild haben sich die Übernahmen scheinbar nicht wirklich rentiert, weshalb tinyBuild jetzt entsprechend diesen Wert verliert. Neben dem Goodwill und der Wertminderung immaterieller Vermögenswerte in der Höhe von 27,7 Millionen USD, sind auch einmalige Entwicklungskosten ein Faktor für diesen Verlust.
Auch die Prognosen sehen alles andere als gut für das Unternehmen aus. Das Unternehmen stellt fest, dass das schwache makroökonomische Umfeld, die geopolitische Instabilität und die Verschiebung der Branchendynamik sein Wachstumspotenzial in naher Zukunft schwächen. Mit Blick auf die Zukunft sagt Chief Executive Officer Alex Nichiporchik: „Die Geschwindigkeit des Wandels in der Videospielbranche ist wahnsinnig hoch, und wir wissen, dass wir uns schnell anpassen müssen, wenn wir stärker als unsere Wettbewerber wachsen wollen. Aus diesem Grund haben wir uns schrittweise auf das sogenannte 1000-Stunden-Spiel eingestellt. In einem schwierigen Umfeld investieren wir weiterhin vorsichtig in Spiele mit höheren Budgets, die das Potenzial haben, zu sehr großen Franchises zu werden.“
Das Unternehmen kündigt kurzerhand 12 neue Spiele an, verändert aber seine Strategie nicht grundlegend. Schon in der Vergangenheit war es das Ziel von tinyBuild ihre Marken wie Hello Neighbor größer zu machen und mehr von der Indie-Entwicklung in die AAA-Entwicklung zu gehen. Man darf gespannt sein, wie sich das Unternehmen schlagen wird.
tinyBuild H1 2023 Earnings
Revenue: $23.3m -19% YoY
Operating Loss: $31.9m ($6.8m Profit H1 2022)– $27.7m one-off development costs, goodwill and intangibles impairment charges strongly affected operating profits
– Focussing on larger ‘1000 hours titles’
– 12 games announced pic.twitter.com/ChogrMK3rx— MauroNL (@MauroNL3) September 26, 2023
Team17
Ich habe in der Vergangenheit tinyBuild und Team17 gerne miteinander verglichen, da beide an der gleichen Börse gelistet sind und beide gleiche Geschäftsmodelle vorweisen. Und auch Team17 hat in den letzten Tagen für Furore mit einigen Meldungen gesorgt. Zunächst einmal das positive: Anders als bei tinyBuild scheint es bei Team17 nach wie vor gut zu laufen. Das Unternehmen verkündet einen Umsatz von rund 70 Millionen erreicht zu haben, was einer Steigerung um 31 Prozent zum Vorjahr entspricht. Beim Gewinn kommt man auf rund 30 Millionen Pfund, was einer Steigerung von 18 Prozent entspricht.
Allerdings verzeichnete das Unternehmen einen Rückgang des EBITDA um rund 9 Prozent von 18,2 Millionen Pfund – im ersten Halbjahr 2022 – auf 16,5 Millionen Pfund in H1 2023. Der Gewinn vor Steuern sank ebenfalls von 11,2 Millionen Pfund auf 8,1 Millionen Pfund.
Diese Rückgänge sind auf erhöhte Marketing- und Betriebskosten in der ersten Jahreshälfte 2023 zurückzuführen, um die frühe Veröffentlichungspipeline zu unterstützen, die im zweiten Halbjahr 2023 erwartet wird, erklärte das in Großbritannien ansässige Unternehmen.
Während sich die Übernahmen von tinyBuild eher mau entwickeln, glänzt Astragon – welche von Team17 letztes Jahr für 75 Millionen Euro übernommen wurden – mit guten Leistungen. Astragon brachte in diesem Zeitraum 12 DLC-Pakete, zwei Saisonpässe und kostenlose Inhaltsupdates heraus. Zwei seiner IPs, der Bau-Simulator und der Polizei-Simulator, haben nach ihrer Veröffentlichung im dritten bzw. vierten Quartal 2022 einen kontinuierlichen Anstieg der Verkaufszahlen verzeichnet.
Zu Beginn dieses Jahres hat Astragon Independent Arts Software übernommen, das das Entwicklungsteam in Vorbereitung auf einen neuen IP-Titel erweitert hat. Team17 verzeichnete auch eine starke Leistung des Lernspielstudios StoryToys, dessen zahlungspflichtige aktive Abonnentenbasis auf über 320.000 angewachsen ist –verglichen mit über 250.000 in H1 2022. StoryToys brachte in der ersten Hälfte des Jahres 2023 drei neue Apps auf den Markt, darunter Barbie Color Creations, Lego Duplo Disney – Mickey and Friends und Marvel HQ.
CEO Debbie Bestwick kommentierte: „Wir sind mit der Leistung der Gruppe im ersten Halbjahr zufrieden, mit einem starken Wachstum, das zu Rekordumsätzen geführt hat, und das vor dem Hintergrund eines der wettbewerbsintensivsten Jahre für hochwertige Neueinführungen und tiefe Rabatte, an die ich mich erinnern kann. Die Stärke unserer Ergebnisse verdeutlicht den Erfolg unserer vielfältigen Portfoliostrategie, unserer Expertise im Lebenszyklusmanagement und im Franchiseaufbau, unseres disziplinierten Ansatzes bei der Rabattierung und des unermüdlichen Einsatzes unserer Mitarbeiter in der gesamten Gruppe.“
„Wir sind uns bewusst, dass das Gaming-Umfeld nach wie vor sehr wettbewerbsintensiv ist, und wir überprüfen kontinuierlich die Kosteneffizienz, um sicherzustellen, dass wir das richtige Gleichgewicht zwischen internen und ausgelagerten Ressourcen in unseren Dienstleistungsbereichen haben. Wir sind davon überzeugt, dass dies uns in die Lage versetzen wird, agil und kosteneffizient zu bleiben, um auch in den kommenden Jahren die besten Ergebnisse für unsere Partner und Stakeholder zu erzielen.“
Zu Beginn dieses Jahres gab Bestwick ihren Rücktritt als CEO bekannt, nachdem sie das Unternehmen seit 1986 geleitet hatte. Im Juni wurde Steve Bell zum neuen CEO ernannt und trat Anfang des Monats dem Vorstand des Unternehmens bei. Team17 eröffnete außerdem im Juni ein neues Studio, Cover 6 Studios, um Hell Let Loose mitzuentwickeln. Dies geschah nach einer Reihe von Entlassungen im Unternehmen zu Beginn des Jahres. Nun jedoch die schlechte Nachricht – zumindest aus Sicht der Mitarbeiter.
Trotz derart guten Ergebnissen entlässt das Team 50 Mitarbeiter, worunter vor allem Menschen aus der Qualitätssicherung fallen. Aber auch hohe Positionen wie Michael Pattison – CEO von Team17 Digital – oder Debbie Bestwick werden das Unternehmen bald verlassen.
Im Hause steht eine große Umstrukturierung an, weshalb offenbar schon jetzt Team17 mit schwereren Zeiten kalkuliert. Vor einigen Tagen hat auch Epic Games Schlagzeilen damit gemacht, mehr als 800 Stellen zu streichen.
In Anbetracht dieser guten Ergebnisse ist doch sicherlich auch für die Aktionäre von Team17 ein Stück vom Kuchen übrig oder? Auch der Aktienkurs von Team17 ist im kontinuierlichen Abwärtstrend – wenn auch nicht so schlimm wie der von tinyBuild. Betrachtet auf das letzte Jahr ist der Kurs vom Unternehmen um rund 25 Prozent gefallen und schafft es immer nur kurzweilig einige Prozente gutzumachen. Vom Allzeithoch im Januar 2021 bei über 800 ist nicht mehr viel übrig.
Team17 is planning “significant” job losses, a new report claims.https://t.co/9OlzHxrjy1 pic.twitter.com/7nX6AbT3Wh
— VGC (@VGC_News) October 2, 2023
Fazit
Man sollte meine Meinung niemals als ausschlaggebendes Argument für ein Investment nehmen! Vor allem bei Gaming-Aktien habe ich in der Vergangenheit kein gutes Händchen bewiesen und neben meinem CD Projekt Investment ging auch mein tinyBuild Call nicht wirklich auf. Dennoch möchte ich festhalten, dass wenn eine Aktie wie tinyBuild oder Team17 derart stark fällt, genau dadurch attraktiv werden kann.
Vor allem Team17 zeigt ein profitables und gutes Geschäftsmodell vor, sinkt aber im Kurs kontinuierlich. Genau aus diesem Grund kann es sein, dass diese Aktie in eine deutlich fairere Bewertung – gar Unterbewertung – rutscht. Wenn sich Aktien also derart schlecht entwickeln, gibt es haufenweise Analysten, die sich gerade dann intensiver mit diesen Aktien befassen und anhand ihrer Analysen ein Investment tätigen.
Was ich allerdings klar sagen muss ist, dass man sowohl mit tinyBuild als auch mit Team17 keine Qualitätsaktien bekommt, sondern diese Unternehmen eher etwas für Leute sind, die spekulativer unterwegs sind. In meinen Augen gibt es aktuell Unternehmen, mit denen man deutlich ruhiger schlafen könnte und gleichzeitig durch Dividenden den einen oder anderen Euro angenehmer verdienen kann.
Zum Beispiel habe ich letzten Monat meine Position in Nike aufgestockt und auch Starbucks ist interessant und in meiner Auswahl eines weiteren Zukaufs. Ich für meinen Teil halte mich zunächst fern von Videospiel-Aktien, der der Markt aktuell – vor allem durch KI – stark im Wandel ist. Für mich sind aktuell eher Qualitätsaktien und Blue Chip-Positionen wie Microsoft interessant.
Team17 $TM17 is starting to come down to a more attractive price – it’s fallen 38.64% YTD. Still nowhere near as cheap as tinyBuild, but might give it a look soon. pic.twitter.com/k3KJPAyNCs
— Firm Returns (@FirmReturns) October 2, 2023
Ein Kommentar
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