Nachdem ich in meinem letzten kleinen Interview den deutschen League of Legends Profi Don Arts ein paar Fragen stellen konnte und daraus ein großartiger Artikel für euch resultiert ist, möchte ich nun einmal mehr einen weiblichen Gast vorstellen, die ihre Wurzeln in Österreich hat. Becci ist auch unter dem Namen JustBecci bekannt und unterhält seit mittlerweile neun Jahren ihre Fan-Gemeinde auf den sozialen Medien und redet mit ihnen über Lifestyle und Gaming. Neben Lernspielen, hat sie relativ früh für die Playstation I Tomb Raider entdeckt, weshalb sie mehr und mehr Games auf weiteren Konsolen ausprobiert hat. Im Jahr 2011 entdeckte sie justin.tv – den Vorgänger vom heutigen Twitch – und fasste den Entschluss, sich eines Tages selbst beim Spielen von Videospielen im Netz zu zeigen.
Different countries, same problems: Das Internet war zu dieser Zeit in Österreich noch nicht gut genug ausgebaut, weshalb sie erst ein Jahr später ihre Pläne in die Tat umsetzen konnte. Dabei war es nie ihr Ziel, das Streaming als Full-time Job auszuleben, sondern sich parallel immer auf andere Dinge, ihren wirklichen Leidenschaften nachzugehen. „Streaming habe ich noch nie ausschließlich gemacht und ich habe immer versucht mir mit meinem Medien- und Eventstudium oder meiner Ausbildung zur professionellen Sprecherin was anderes aufzubauen“. Nach neun Jahren hat sie schließlich eine Pause vom Streaming eingelegt, um sich in diesen anderen Bereichen weiterzubilden.
Viele Influencer im Gaming-Bereich, aber auch darüber hinaus nutzen die Seite linktr.ee, eine kleine Visitenkarte, auf denen Besucher die sozialen Medien und wichtige Links der Person ansehen können. Oft stelle ich mir die Frage, wie notwendig oder wichtig eine Homepage als Influencer ist. Da Becci ebenso eine hat, habe ich auch ihr die Frage nach dem Sinn einer eigenen Website gefragt. „Eine Homepage zu erstellen kostet Zeit und Arbeit und das ist nicht jeder bereit zu investieren. Durch ein Netzwerk besitzen viele eine Landingpage, weshalb sie keine brauchen“. Trotzdem ist für jemanden ohne Netzwerk eine Homepage durchaus sinnvoll, wie Becci bestätigt. „Firmen und eventuelle Partner haben alle Informationen von mir auf einem Blick parat und ich denke, dass ich durch meine Sprechproben und meine Vita vielen Firmen, die das Internet und Influencer-Marketing noch nicht nutzen, deutlich leichter erreichen kann, weil sie einen viel besseren Anhaltspunkt dafür bekommen“.
Ein Kernthema, was meiner Meinung nach jeden interessiert und weshalb ich diesen Blog ins Leben gerufen habe ist immer die Antwort auf die Frage: „Wie wird man erfolgreich“ oder „welche Tipps kannst du Selbständigen, jungen Gründern geben“. Und genau deshalb habe ich auch dieses Mal wieder diese Frage an meinen Gast gestellt. „Die Einstiegshürden sind geringer als noch vor neun Jahren, dafür aber es gibt deshalb auch viel mehr Konkurrenz. Heutzutage kann ich nur als Tipp mitgeben: HABT SPAß, denkt euch neue, coole Formate aus, kooperiert mit anderen Leuten in eurer Größe und polarisiert auch ein wenig“.
Die Österreicherin behauptet, dass klassische Let’s Plays tot sind und die große Masse nur noch Reactions, Just Chatting oder originalen Content sehen möchte. Aber neben dem Content ist vor allem die Qualität der Streams wichtig. „Investiert bitte immer erst in gute Sound Qualität bevor es eine neue Kamera gibt. Nichts ist schrecklicher als mieser Sound“. Neben dem Streaming ist aber auch die Selbstständigkeit dahinter ein essenzieller Punkt, den man immer wieder im Hinterkopf behalten muss. JustBecci hat sich erst 2015 dazu entschieden, sich mit dem Streaming selbstständig zu machen. Ausschlaggebend dafür war, dass sie zu diesem Zeitpunkt ein geregeltes Einkommen hatte. „Ich wurde bezahlt auf einem anderen Kanal zu streamen und gemeinsam mit den Donations auf meinem Kanal und Kooperationen hatte das dann gereicht“.
Doch schauen wir uns mal die Tätigkeiten neben Twitch- und YouTube an. Ich habe JustBecci für dieses Format ausgewählt, weil sie neben dem Streaming eben auch andere Möglichkeiten aufzeigt, in der Gaming-Branche Fuß zu fassen. Ich finde die Tatsache interessant, dass sie schon als Host bei verschiedenen Events in Erscheinung getreten ist und bereits in dieser Tätigkeit mit anderen großen Namen zusammengearbeitet hat. Doch wie wird man eigentlich Host, was sind die Tätigkeiten und welche Qualifikationen muss man für diesen Job vorweisen? Die junge Österreicherin verrät mir, dass Networking, um an solche Jobs zu gelangen, unerlässlich ist.
Wenn man nicht schon eine extrem hohe Reichweite hat oder berühmt ist, dann muss man sich selbst bei den Menschen bekannt machen und ihnen von den eigenen Stärken und Qualifikationen überzeugen. „Ein Host ist jemand, der die Zuschauer durch das Rahmenprogramm führt und begleitet. Grundlegend benötigt man eine Affinität zum Sprechen vor Menschen, die richtige Haltung und Aussprache kann gelernt werden. Das ist einfach eine Sache der Übung“. Weiter erzählt sie, dass sie sogar eine richtige Ausbildung zur Moderatorin gemacht hat. „Bei der Moderationsschule von Katy Weber habe ich beispielsweise gelernt, wie man die Karten richtig hält, von einem Teleprompter abliest oder gleichzeitig moderiert und Treppen steigt“. Aber der Beruf bietet viele Abwechslungen. Bereits seit ihrem ersten großen Moderationsjob wurde ihr das bewusst. „Mein erster großer Moderationsjob war 2014 für Square Enix auf der Gamescom. Dort habe ich gemeinsam mit Mori auf der Bühne gestanden und die Besucher unterhalten. Von Cosplay Bewertungen hin zu Challenges über Boss Fights casten war da eigentlich alles dabei“, verriet sie mir.
In ihrem jungen Leben hat JustBecci bereits vieles erlebt und vor allem durch ihren Beruf tolle Meilensteine gesetzt. Zu ihren persönlichen Highlights zählt sie das Moderieren ihrer eigenen Morning Show “Beccis Morningshow” auf ProsiebenGames, ihre Reise nach Los Angeles zur E3 oder das Erreichen der Twitch-Partnerschaft nach vier harten Jahren. Obwohl sie aktuell ihr Streaming pausiert hat, heißt das für sie noch lange nicht, dass sie sich deshalb zur Ruhe setzt. Bereits jetzt plant JustBecci weitere Schritte, um ihre persönlichen Ziele zu erreichen. „Ich möchte mehr Zeit ins Sprechen investieren und mehr im Bildungssektor aktiv werden“. Weiter führt sie aus, dass sie an Schulen und in Workshops mehr über den Beruf des Influencers aufklären möchte. Grundsätzlich nimmt sie aber das Leben wie es kommt und lässt alles einfach auf sie zukommen.
Aktuell arbeitet die aufstrebende Österreicherin 20 Stunden die Woche in einer Agentur, worauf zusätzlich ihre Angelegenheiten ihrer Arbeit als JustBecci kommen. Früher waren teilweise 90 Stunden pro Woche an der Tagesordnung, von denen 12 Stunden pro Tag gearbeitet wurde. Wie jeder andere Mensch im Leben, hat aber auch Becci mit beruflichen Hürden zu kämpfen. Die Coronajahre haben dafür gesorgt, dass weniger Events stattfinden und für sie dadurch eine wichtige Einnahmequelle wegfällt. Wie viele andere Menschen war sie also gezwungen sich ein wenig umzuorientieren und sich der misslichen Lage anzupassen. Wie sie das geschafft hat, verrät sie: „Ich habe angefangen viel mehr Content für Instagram zu machen, zum Beispiel Workouts, Rezepte und Lifestyle-Tipps. Ich denke, dass das Homeoffice für viele eine Zeitersparnis dargestellt hat, um tote Zeit für Wäsche, Abwasch oder während des Essens eine Serie zu schauen, nutzbar gemacht hat. Die ersparte Zeit wiederum kann man dann in andere, kreative Projekte stecken“.
Interessanterweise bestätigt mir Becci, dass sie mit ihrer Morningshow im Grunde den gleichen Aspekt verfolgt, wie ich mit meinem Blog. Auch sie hat dort Gäste kennengelernt, die in verschiedensten Berufen – zusammenhängend mit der Gaming-Branche – ihre Arbeit vorgestellt haben. „Wenn man gut mit Zahlen ist, kann man beispielsweise Buchhalter in einer Gaming-Firma werden, wenn du gerne musizierst, dann mach Gaming-Soundtracks oder wenn du ein Grafikdesigner oder Illustrator bist, dann wirst auch du mit Sicherheit mit deiner Arbeit in einem Videospiel gebraucht“. Sie empfiehlt, dass man sich lokal umschaut, ob dort Spieleschmieden ansässig sind oder fängt ganz einfach ein Studium in diesem Bereich an. Auch hilft es auf freiwilliger Basis einer Esport-Organisation beizutreten, um auszuhelfen. So knüpft man Kontakte und rutscht in die Branche rein.
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