Studio Gainax, einer der prägendsten und bekanntesten Namen der Anime-Geschichte, hat nach über vier Jahrzehnten offiziell seine Arbeit eingestellt. Nun hat Gründungsmitglied und Evangelion-Schöpfer Hideaki Anno weitere Einblicke in die lange unklaren internen Probleme des Studios gegeben.
Gainax wurde 1984 in Musashino, Tokio, gegründet und revolutionierte die Anime-Landschaft mit innovativen Erzähltechniken und unverwechselbaren Originalproduktionen wie Neon Genesis Evangelion, Gunbuster, FLCL, Nadia: The Secret of Blue Water und Gurren Lagann.
Auch als neue Studios entstanden und sich die Branche veränderte, blieb Gainax ein bedeutender Einflussfaktor. Viele ehemalige Mitarbeitende gründeten später einflussreiche Studios wie Studio Trigger oder Khara. Hinter dieser Erfolgsgeschichte lagen jedoch jahrelange finanzielle Schwierigkeiten und interne Fehlentscheidungen, die das Unternehmen zunehmend in die Krise führten.
Der Wendepunkt kam im Mai 2024, als Gainax Insolvenz anmeldete. Nun ist das Studio vollständig aufgelöst, und Hideaki Anno erläutert öffentlich, was letztlich zum Zusammenbruch führte.
Studio Gainax schließt nach 42 Jahren endgültig seine Türen
Am 11. Dezember 2025 wurde Gainax nach Abschluss des Insolvenzverfahrens offiziell aufgelöst – wie Anno in einer ausführlichen Stellungnahme auf der Website von Studio Khara bestätigte. Damit endet die fast 42-jährige Geschichte eines Studios, das einst im Zentrum der Anime-Welt stand.
Anno, der Gainax mitgegründet und mehr als zwei Jahrzehnte lang Anteile gehalten hat, bezeichnete das Ende als „wirklich enttäuschend“, nehme es jedoch „mit einer gewissen Ruhe“ hin.
Er bestätigte, dass sämtliche Schulden, Verpflichtungen und Materialien verarbeitet sowie die Rechte an die jeweiligen Urheber und Unternehmen zurückgeführt wurden – ein Prozess, der aufgrund jahrelanger Unklarheiten besonders kompliziert gewesen sei.
Ein entscheidender Einschnitt war die Verhaftung des damaligen CEO Tomohiro Maki im Jahr 2019, der 2020 wegen sexuellen Missbrauchs einer minderjährigen Synchronsprecherin zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.
Anno dankte in seiner Stellungnahme den vielen Firmen, die nach Makis Verhaftung nahezu sechs Jahre lang unentgeltlich mithalfen, Gainax neu zu strukturieren:
„Dank Ihrer Unterstützung konnten wir die Rechte jedes Werks ordnungsgemäß bearbeiten, übertragen und sämtliche Produktionsunterlagen sicher an die rechtmäßigen Rechteinhaber zurückgeben.“
Er würdigte außerdem Yasuhiro Kamimura, den letzten Geschäftsführer von Gainax, der trotz des Umstands, dass die vorangegangene Leitung das Unternehmen „verantwortungslos im Stich ließ“, dafür sorgte, dass keine Materialien verloren gingen.
Hideaki Anno offenbart interne Probleme der letzten Gainax-Dekade
Obwohl der Name Gainax mit unzähligen Kultserien verbunden ist, zeigt Anno in seiner Erklärung ein äußerst belastendes Bild der letzten zehn Jahre des Studios.
Er schilderte Fehlverhalten der ehemaligen Führung, darunter:
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unsachgemäße Übertragung von Rechten
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Zurückhalten von Tantiemen
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mangelnde Transparenz, selbst nachdem Khara finanzielle Nothilfe geleistet hatte
Khara reichte schließlich eine Zivilklage gegen Gainax ein. Das Verfahren endete Anfang 2023 mit einer Einigung über 100 Millionen Yen (ca. 640.000 US-Dollar) sowie einer formellen Entschuldigung der damaligen Verantwortlichen.
Bei der Prüfung von Verträgen und E-Mails stellte sich laut Anno heraus, dass die frühere Geschäftsführung nicht nur unehrlich handelte, sondern sich auch respektlos gegenüber den eigenen Werken und Mitarbeitenden zeigte. Interne Anweisungen versuchten angeblich sogar, Anno und andere Kolleg:innen zu täuschen oder gegen Khara aufzubringen.
Besonders schockiert zeigte sich Anno über die Enthüllung, dass der damalige Präsident Hiroyuki Yamaga Mitarbeitenden gesagt haben soll, er solle als „im Krankenhaus liegend“ ausgegeben werden – ein Vorfall, der alte Freundschaften aus Studienzeiten zerstörte.
Der Niedergang von Gainax beschleunigte sich ab den 2010er-Jahren, geprägt von wachsender Verschuldung und dem Skandal um Makis Verhaftung. 2024 folgte die offizielle Insolvenz, und nun ist die Auflösung endgültig abgeschlossen.
„Wir stimmten der Einigung zu, weil wir nicht weiter Zeit mit dieser Angelegenheit verlieren wollten“, erklärte Anno.
„Mir ist klar geworden, dass sich das Verhältnis zwischen uns nie wieder wie früher anfühlen wird – und das bedaure ich zutiefst.“
Quelle: dexerto
