Ein kurzer Clip des deutschen Streamers Papaplatte sorgt aktuell für breite Diskussionen. Darin erhält er eine Donation, in der ein Zuschauer mitteilt, dass sein Großvater verstorben sei. Papaplatte wiegelt die Nachricht ab, wechselt abrupt das Thema und reagiert unmittelbar danach voller Freude auf das Öffnen eines Pakets. Für viele Zuschauer wirkt dieser Moment irritierend, manche empfinden ihn als respektlos. Andere halten dagegen und betonen, dass Streamer keine Therapeuten seien.
Einer der ehrlosesten Momente die ich live jemals gesehen habe.
Papaplatte hat den Drachenlord in den Schatten gestellt. Forza 2.0. pic.twitter.com/qhj1dLM2oC
— Krati|Demos Kratos (@KratiKratos) November 23, 2025
Nein, Streamer sind keine Therapeuten
Es ist vollkommen richtig, dass Streamer keine professionelle Unterstützung bei emotional belastenden Situationen leisten können oder müssen. Ein Live-Stream ist ein dynamisches, häufig chaotisches Umfeld: Unterhaltung, Technik, Chat, Aufmerksamkeit – alles gleichzeitig. Von einer Person in dieser Situation eine perfekte, einfühlsame Reaktion zu erwarten, ist unrealistisch.
Dennoch profitieren Streamer wesentlich von ihrer Community. Zuschauer, Abonnenten und Donater ermöglichen Reichweite, Erfolg und Einkommen. Daraus ergibt sich keine rechtliche Verpflichtung – aber eine ethische Erwartung an ein Mindestmaß an zwischenmenschlicher Rücksichtnahme.
Nicht nur, dass Papaplatte den trauernden Fan derart abfrühstückt, sondern den krassen Kontrast zwischen einem traurigen Thema und einem ausgelassenen Freudenausbruch an den Tag legt.
Viele empfinden diesen Moment nicht als „fehlende Therapie“, sondern als fehlende Sensibilität.
Ein paar mitfühlende Worte wären nicht zu viel verlangt
Niemand fordert von Papaplatte einen emotionalen Monolog oder dass er in einer Therapeutenrolle nun alle Sorgen und Trauer des Zuschauers aus der Welt schafft, sondern eine kurze, ehrliche Reaktion und ein paar einfühlsahme Worte wie: “Mein Beileid, Bro. Tut mir leid für deinen Verlust. Ich hoffe, du findest hier ein bisschen Ablenkung in meinen Streams. Alles Gute für dich und deine Familie. Das Leben geht weiter.“
Das hätte weder den Flow des Streams zerstört noch parasoziale Abhängigkeiten verstärkt. Es wäre schlicht menschlich gewesen und das Mindeste, was ein Streamer in dieser Größenordnung für einen seiner Zuschauer in dieser Sekunde hätten tun können.
Fazit
Wie oft in meinen Takes kann ich hier nur auf die freiheitliche, liberale Weltordnung verweisen. Ein Zuschauer spendet einem Streamer freiwillig Geld. Wenn der Streamer diesen nicht erwähnt, sich in den Augen des Spenders frech oder undankbar verhält, kann er sich selbst dazu entscheiden, den Streamerweiterhin zu schauen, gar finanziell zu unterstützen.
Doch sobald sich Zuschauer in eine Parasoziale Beziehung zum Streamer bewegen, setzt sämtliche Rationalität aus. Und genau das wissen oder wissen Streamer eben nicht und sind deshalb auch in der Position, kritische Takes oder gar asoziales Verhalten gegenüber ihrer eigenen Community an den Tag zu legen, ohne dass sie Schaden davon tragen – zumindest in vereinzelnten Fällen.
